Ein „Jochenende" in Berlin

J. Lemaire (Q4)

Vom 26.01.2023 bis zum 29.01.2023 begab sich der Geschichte Leistungskurs der Q4 unter Aufsicht von Herrn Werner auf eine Studienfahrt nach Berlin, die gefüllt war mit der Aneignung besonderen Wissens, dem Fahren aller möglichen öffentlichen Verkehrsmittel und einer Unmenge an schönen Erinnerungen.
Gestartet sind wir am Donnerstag, wo wir uns morgens alle in der S-Bahn Richtung Frankfurt Hauptbahnhof getroffen haben und dann nach kurzer Pause zur Versorgung mit Frühstück in den ICE nach Berlin Südkreuz umgestiegen sind. Dieser meinte es leider nicht ganz so gut mit uns und ist kurz vor unserem Ziel zum Stillstand gekommen, aber zumindest hatten wir durch die grasenden Pferde ein wenig Unterhaltung. Vom Südkreuz aus ging es dann dank einer Baustelle nur eine Station weiter, bevor wir endlich in die letzte Bahn einsteigen konnten, um zu unserer Jugendherberge zu gelangen, wo wir dann tatsächlich gegen 16:00 Uhr eintrafen.
Nachdem wir nun unsere Zimmer bezogen hatten, unsere Sachen sortiert und uns einen Moment ausgeruht hatten, beschlossen wir nochmal nach Berlin rein zu fahren, da wir bis jetzt außer Bahnen noch nicht viel gesehen hatten. Somit machten wir uns ganz nach dem Motto „Wo Tor?" auf, um unsere Touristentour zu beschreiten. Hierbei wurden wir erst von dem riesigen Ausmaß des Berliner Hauptbahnhofes überwältigt, bevor wir vor dem Reichstag standen und feststellten, dass sich etwas in echt anzuschauen nochmal etwas ganz anderes ist, selbst wenn man es schon von Bildern kennt. Doch immer noch getrieben von unserer Frage „Wo Tor?" schafften wir es doch, uns loszureißen und unseren Weg weiter zu beschreiten. Nun standen wir endlich vor unserem Hauptziel dem Brandenburger Tor und machten uns, nachdem wir alle Eindrücke in uns aufgenommen hatten, gleich ans Werk, um so viele Bilder wie möglich zu schießen, die mehr oder auch weniger gelangen. Nachdem wir dann unter diesem hindurch geschritten sind, wurde uns mal wieder bewusst, wie stark Berlin in die deutsche Geschichte eingebunden ist, als wir das Holocaust-Denkmal besichtigten. Über dieses hatten wir bereits zuvor im Unterricht gesprochen und vor allem auch darüber, wie unverantwortlich oft damit umgegangen wird, weshalb wir mit besonderer Vorsicht vorgingen, als wir immer tiefer rein liefen und von den Schatten verschluckt wurden. Nachdem wir uns hier nun einige Zeit aufgehalten hatten, machten wir uns getrieben vom Hunger wieder auf zum Bahnhof, um zu unserem neuen Ziel zu gelangen, der Markthalle 9. Wir hatten bereits am Morgen besprochen gehabt, dass wir uns Abends dort mit Essen verpflegen sollten, da es in der Markthalle 9 ein riesiges Angebot an Street Food gab. Nachdem wir auf unserem Weg dorthin schließlich auch den Bus als einziges noch nicht benutztes öffentliches Verkehrsmittel an dem Tag nutzten, fand jeder etwas Passendes für seinen Geschmack und wir konnten gesättigt und zufrieden wieder in die Jugendherberge zurückkehren.
Am Freitag begann unser Tag auch wieder früh, wir hatten uns viel vorgenommen für diesen Tag. Und natürlich hieß es auch heute wieder umsteigen, umsteigen, umsteigen. Aber wir gewöhnten uns dran und genossen die kurzen Momente, in denen wir mal zur Ruhe kamen. Als erstes machten wir uns auf den Weg zu einem Workshop der Bundeszentrale für politische Bildung mit dem Namen „Update Demokratie". Wir nutzten die Möglichkeit, um auf dem Weg weitere Teile Berlins zu erkunden und machten uns so auf zum Checkpoint Charlie. Wir waren überrascht, wie sehr dieser doch sehr bedeutende Ort der Geschichte einfach so in die restliche Erscheinung der Stadt mit eingebunden wurde. So war es eigentlich nicht möglich, ein Bild zu machen, auf dem nicht irgendeine Fastfood-Kette erkennbar war. Zum Abschluss ging es für uns dann noch in den Souvenirladen, in dem wir alle etwas fanden, ob das nun ein Schild für die Tür, ein Trabi, ein Feuerzeug oder eine Schneekugel war.
So gewappnet machten wir uns dann auf zu unserem Workshop, der sich zwar mehr um Politik als um Geschichte drehte, bei dem wir aber trotzdem einige interessante Fakten lernten, so wiederholten wir erst, wie es generell zu der heutigen Form der Demokratie in Deutschland kam, erfuhren, dass die Bundeszentrale für politische Bildung schon früh ihre Arbeit aufgenommen hatte und diskutierten am Ende darüber, ob KI eine Gefahr oder Chance für die Demokratie darstellt.
Nachdem es dann bereits schon Mittagszeit war, entschieden wir uns dazu erst mal eine Pause zum Essen einzulegen, um neue Energie zu sammeln. Denn dann ging es bereits gleich weiter zu unserem nächsten Workshop rund um die Ausstellung „Topographie des Terrors". Dort ging es um die Taten der Gestapo, der SS und des Reichssicherheitshauptamtes und vor allem auch darum, wie nach dem Krieg mit den Menschen verfahren wurde, die sich an diesen Taten beteiligten. Erst sahen wir uns selbst ein wenig um, bevor wir eine Führung bekamen und uns dann selbst an die Arbeit machten. Wir teilten uns in drei Gruppen auf und wir beschäftigten uns alle mit verschiedenen Quellen. So sollte eine Gruppe probieren, eine generelle Übersicht über die Ereignisse darzustellen, während sich die zweite Gruppe mit der Karriere einer der Täter beschäftigte und die dritte Gruppe sich mit einem Gerichtsverfahren der damaligen Zeit beschäftigte und herausfand, wie mit diesen Richtern nach dem zweiten Weltkrieg umgegangen wurde. Als wir uns dann alle sehr intensiv mit den Quellen auseinandergesetzt hatten, den anderen Gruppen unsere Ergebnisse vorgestellt hatten und generell nochmal ins Gespräch kamen, war es auch bereits schon Abend. Nach diesem langen, aber sehr informationsreichen, interessanten und schönen Tag beschlossen wir den Abend noch gemeinsam bei dem Italiener in der Nähe unserer Jugendherberge ausklingen zu lassen.
Da der Freitag doch etwas sehr durchgetaktet war, hatten wir uns bereits vor der Reise dazu entschieden, den Samstag eher spontaner zu gestalten und mit den Dingen zu füllen, die wir noch unbedingt sehen wollten, so ging es nach dem Frühstück gleich zum Gedenkpark in der Bernauer Straße. Hier gab es nicht nur ein großes Stück der Berliner Mauer, das erhalten wurde und wir sowohl von der Nähe als auch vom Aussichtsturm aus betrachteten, sondern auch ein Museum zur Berliner Mauer. Dieses war gefüllt von Bildern, Artikeln, Aufnahmen und anderen Dokumenten, die über den Verlauf des Mauerbaus berichteten. Auch hatte man die Möglichkeit selbst einen Kommentar auf einem Blatt Papier zu hinterlassen in Form eines Zitates, eines Bildes, einer Geschichte oder auf sonst eine kreative Art und Weise, die dann aufgehängt werden konnten. Auch diese Möglichkeit nutzten einige von uns. Danach beschlossen wir kurzerhand ins Stasimuseum zu fahren, dieses befindet sich auf dem ehemaligen Gelände der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit und beinhaltete neben vielen verschiedenen anderen Dokumenten, Ausstellungsstücken und Berichten auch ein ganzes Stockwerk, dessen Ausstattung erhalten wurde. Wir hatten bereits davor im Unterricht darüber gesprochen, was die Stasi alles unternahm und wie sie vorging, aber es konnte uns trotzdem nicht auf all das vorbereiten, was wir in dem Museum erfahren haben. So wurde teilweise nur in Wohnungen eingebrochen, um bestimmte Dinge umzustellen und den Menschen Angst zu machen, sie in dem Glauben zu lassen, dass sie verrückt werden. Beängstigend fanden wir auch, was für ein riesiger Aufwand betrieben wurde, um die Menschen heimlich zu überwachen, dies ging von Kameras hinter Knöpfen bis hin zu Abhörmechanismen in Türen. So war uns nach all den Eindrücken am Ende klar, dass, wenn die Stasi dich überwachen wollte, sie das tat und du nichts dagegen unternehmen konntest.
Nach dieser doch ziemlich schweren Kost beschlossen wir zum Alexanderplatz zu fahren und eine Mittagspause einzulegen. Nachdem jeder etwas nach seinem Geschmack gefunden hatte und wir uns ein wenig Ruhe gegönnt hatten, liefen wir zum deutschen historischen Museum, in dem momentan die Ausstellung „Roads not taken. Oder: Es hätte auch anders kommen können" zu sehen ist. Bei dieser Ausstellung wird die deutsche Geschichte von 1989 rückwärts bis 1848 betrachtet. So war vieles vor allem für uns als Geschichts-LK Wiederholung, aber auch wir kamen auf unsere Kosten, vor allem die Überlegungen zu bestimmten entscheidenden Punkten in der Geschichte waren interessant, die der Frage nachgingen, was wenn es nicht so gekommen wäre? Was wenn die Geschichte anders verlaufen wäre? Dadurch wurde uns ein weiteres Mal bewusst, wie unvorhersehbar Geschichte ist und wie viele verschiedene Ausgänge eines Ereignisses möglich sind. Zudem gefielen uns die vielen verschiedenen interaktiven Stationen in der Ausstellung, die einen dazu einluden, sich spielerisch tiefer mit der Geschichte zu befassen. Alles in allem hielten wir es für eine sehr aufschlussreiche Ausstellung, die vor allem auch denjenigen die deutsche Geschichte näher bringen kann, die sich bis jetzt noch nicht so intensiv damit beschäftigt haben. So waren wir froh, dass wir uns die Zeit genommen hatten, uns diese Ausstellung anzusehen, aber auch ziemlich erschöpft und bis an den Rand mit Wissen gefüllt. So beschlossen wir, da es schließlich schon Abend war und wir auch ein paar Verletzte und Erkrankte zu beklagen hatten, dass wir unseren letzten gemeinsamen Abend nutzen wollten, um noch ein wenig Zeit in Ruhe zusammen zu verbringen. Aufgrund mangelnder Kreativität und weil wir bereits am Abend davor eine wundervolle Zeit mit gutem Essen bei dem Italiener verbracht hatten, entschieden wir uns auch heute wieder dorthin zu gehen, um die gesamte Fahrt ausklingen zu lassen.
Am Sonntag hieß es dann bereits leider schon wieder Abschied nehmen und uns auf den Rückweg zu machen. Die Heimfahrt im ICE nutzen wir, um das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen, ein paar Spiele zu spielen und unser Wissen über Tyrannen der Geschichte zu erweitern. Gegen Nachmittag kamen wir dann in Hanau an, wo sich bereits einige von unserer kleinen Gruppe verabschiedeten und der Rest noch das letzte Stück nach Hause in der S-Bahn zurücklegte.
Alles in allem lässt sich sagen, dass wir eine unglaublich schöne und lehrreiche Zeit in Berlin hatten und niemand von uns unser „Jochenende" so schnell vergessen wird. Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Möglichkeit bekommen haben und hoffen, dass unser Jahrgang es uns nachsieht, dass wir in der Zeit danach so oft davon geschwärmt haben. Letztendlich lässt sich nur noch sagen, dass jeder, der die Möglichkeit hat nach Berlin zu fahren, diese auf jeden Fall nutzen sollte und genügend Zeit einplant, da auch wir trotz unseres straffen Zeitplans bei weitem nicht alles geschafft haben.