Gentrification – Deutsche Innenstädte nur noch für Reiche?
Trotz stressiger Klausurenphase und wechselhaftem Wetter machten wir, der einzige Erdkundekurs der Q2 von Herrn Lucifero, einen Ausflug in die Mainzer Innenstadt, um das zuvor erlernte Wissen über die sogenannte „Gentrification“ am Beispiel Mainz anzuwenden. Als Gentrification bezeichnet man den Prozess der Verdrängung von bestimmen Bevölkerungsgruppen durch die Aufwertung dieser Wohnsiedlungen.
Da die Preise durch diese Verbesserungen stark ansteigen, können sich vor allem sozial benachteiligte Menschen die vorerst sehr günstigen Wohnungen mit der Zeit nicht mehr leisten. Der Prozess der Gentrification beginnt grundlegend damit, dass die sogenannten „Pioniere“ (meist Studenten und Künstler) in die besagten Wohnsiedlungen einziehen und durch ihre kleinen kreativen Läden und Szenelokalitäten den Wert dieser Wohngegend heben. Dadurch ziehen immer mehr „Gentrifier“ (junge, wohlhabende Menschen, sogenannte Yuppies, young urban professionals, und Dinks, double income no kinds) in diese Gegenden, durch welche mehr investiert und restauriert wird und somit der Preis der Wohnungen erheblich steigt. Das können sich die meisten Menschen, welche zuvor dort gelebt haben, nicht mehr leisten. Sie werden somit verdrängt und es setzt eine soziale Segregation ein.
Da Mainz bevölkerungstechnisch explodiert und die Mietpreise ebenso in die Höhe schießen, bot sich die Stadt sehr zur Untersuchung der Gentrification an. Vor allem in der Mainzer Neustadt, ein ehemals gründerzeitliches Viertel, erlebt man einen massiven Wandel vom heruntergekommenen Stadtviertel mit einem schlechten Ruf zum angesagten Hipster-Viertel. Allerdings konnten wir durch unsere durchgeführte Sozialraum-, Aktivitäts- und Gebäudeanalyse erkennen, dass es erhebliche Unterschiede von einem Straßenzug zum nächsten gibt. Dabei war es besonders spannend, dass man anhand der Fassaden oder der Namen an den Türklingeln sowie den Autokennzeichen und Automarken Rückschlüsse auf das zugehörige soziale Milieu ziehen kann. Mit unserem bereits angeeigneten Wissen zogen wir durch die Straßen von Mainz und konnten durch unser Arbeitsmaterial viele unterschiedliche Viertel und Milieus erkennen, welche man beim reinen Durchlaufen übersehen könnte. Einen weiteren Halt machten wir beim sogenannten „Zollhafenprojekt“, welches von einem ausländischen Investor ins Leben gerufen wurde, um am ehemaligen Zollhafen eine riesige Häuserfront, inklusive Sozialwohnungen, zu errichten. Dabei fiel uns besonders auf, dass die teuren Wohnungen strengstens getrennt von den Sozialwohnungen errichtet wurden, wobei man die Folgen der Gentrification erkennen konnte. Eindrucksvoll ist der zum Yachthafen umgebaute ursprüngliche Handelshafen.
Grundlegend besteht das Modell der Gentrification aus verschiedenen Phasen. Die erste Phase wird Experimentierphase genannt und beschreibt den Zeitraum in welchem die ersten Pioniere einziehen und langsam beginnen, den Wohnraum aufzuwerten. Dazu konnten wir in Mainz den Feldbergplatz finden. Der Frauenlobplatz gehört wiederum schon zur nächsten Phase, der Expansionsphase 1, in welcher die ersten Gentrifier in die Stadtviertel ziehen. Außerdem konnten wir auch den Gartenfeldplatz in die Expansionsphase 2 einordnen, da man erkennen konnte, dass die Gentrification fast abgeschossen war. Dort sahen wir uns auch einige Szenelokale an und entschieden uns schlussendlich dafür, unsere Expedition mit einem Brunch in der Bagatelle, welche typisch für Pioniere ist, ausklingen zu lassen.
Grundlegend haben wir einen guten Eindruck bekommen, wie vielfältig eine Stadt wie Mainz ist und wie viele unterschiedliche Menschen einem über den Weg laufen können. Vom Biomarkt auf Rädern bis hin zu neugierigen Anwohnern hat einiges unseren Weg gekreuzt.
Alles in einem denke ich, dass uns diese Exkursion nochmals vor Augen geführt hat, wie vielfältig und wichtig das Fach Erdkunde ist, da wir nicht nur theoretische Grundlagen im Unterricht besprechen, sondern uns das gelernte Wissen tagtäglich, wie in Mainz, umgibt. Von der Bodenanalyse bis zur Stadterkundung haben wir alles gemacht und es gehört noch viel mehr zum unterschätzten Fach Erkunde.