Begabungsförderung in Pandemie-Zeiten – ein Bericht über die Deutsche SchülerAkademie 2021

Auch in schwierigen Zeiten wie einer Corona-Pandemie wollen kluge Köpfe von motivierten Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Dass und wie dies trotz aller Widrigkeiten möglich ist, zeigt der folgende Bericht unserer Schülerinnen Milla Kempf, die im April zur Teilnahme an einem einwöchigen Kurs der Deutschen SchülerAkademie 2021 ausgewählt wurde.

„Ach wie gut, dass niemand weiß… Upjoaz pza ayblnlypzjoly hsz lpul vmmlurbukpnl Ahazhjol.“
(Entschlüsselt: „Ach wie gut, dass niemand weiß… Nichts ist trügerischer als eine offenkundige Tatsache“)

So lautete das Motto meines Kryptographiekurses, der im Rahmen der Deutschen Schüler Akademie 2021 neben vielen anderen Kursen digital stattfand. Eine Woche lang setzte ich mich mit zwei Kursleitern und 17 weiteren Schülern aus ganz Deutschland mit der Ver- und Entschlüsselung von Texten in verschiedenen Unterrichtseinheiten auseinander.

Die Deutsche Schülerakademie ist ein Förderungsprogramm, das sich an besonders interessierte und motivierte Schülerinnen und Schüler der 11. oder 12. Jahrgangsstufe richtet. In Form eines mehrtägigen Kurses haben sie die Möglichkeit, sich mit einem Thema ihrer Wahl auf hohem Lernniveau auseinanderzusetzen. Das Themenangebot ist sehr umfangreich und reicht von Naturwissenschaften und Informatik über Musiktheorie bis hin zu Philosophie und Linguistik. Für einen Akademieplatz kann man sich entweder selbst bewerben oder durch die Schule vorgeschlagen werden, in der Regel wird höchstens ein/e Schüler/in pro Schule genommen.

Normalerweise kommt man für eine Akademie in einem vom Kurs abhängigen Ort in Deutschland zusammen und arbeitet zwei Wochen lang an dem gewählten Thema. Da allerdings eine Präsenz-Akademie aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich war, fand sie in diesem Jahr digital von zu Hause aus über Microsoft-Teams statt und wurde auf 7 Tage verkürzt.
Deshalb wurde auch der Akademie-Alltag den Umständen entsprechend angepasst: Die Kurse begannen um 9 Uhr morgens mit einer Begrüßung durch die Kursleitenden, in meinem Fall Joanna Meinel und Marius Leonhardt von der Universität Heidelberg. Nach kleinen Kennenlernspielen führten sie uns in Form von kurzen, aber sehr intensiven Vorträgen in die mathematische Welt der Modulu-Rechnung und der elliptischen Kurven, die die Grundlage für kryptographische Anwendungen schaffen, ein. Obwohl uns Teilnehmenden aufgrund der anspruchsvollen Themen schnell die Köpfe rauchten, arbeiteten alle motiviert mit und so herrschte durchgehend ein angenehmes Lernklima.
Nach einer zweistündigen Mittagspause begann die „asynchrone Kursphase“, in der wir uns in Gruppen einteilen und uns Themen eigenständig erarbeiten konnten. Diese durften wir, solange sie in den Kontext der Kryptografie passten, frei nach eigenen Interessen wählen und gaben unser neu gewonnenes Wissen anschließend in Form von kleinen Präsentationen an die anderen aus dem Kurs weiter. Durch diese tägliche Durchmischung konnte man jeden Tag mit unterschiedlichen Teilnehmern zusammenarbeiten und so einen Großteil des Kurses kennenlernen.

Das Thema meines Kurses war wie oben erwähnt die Kryptografie, die Kunst des Ver- und Entschlüsselns. Für mich war gerade dieses Thema wegen seiner aktuellen Bedeutung sehr interessant, da wir in unserem digitalen Alltag auf eine sichere Kommunikation und deshalb auf eine sicher verschlüsselte Nachrichtenübermittlung angewiesen sind.
Von den Inhalten der Einheiten war ich positiv überrascht, da der Kurs viel mehr Themenbereiche verband, als ich erwartet hatte. So setzten wir uns beispielsweise neben der mathematischen Herleitung und Anwendung durch die Modulu-Rechnung auch mit historischen und aktuellen Verschlüsselungsverfahren sowie ihrer gesellschaftlichen und politischen Bedeutung auseinander. Populäre Verschlüsselungsverfahren waren unter anderem die Enigma-Verschlüsselung, die im zweiten Weltkrieg sehr verbreitet war, oder auch das „Public-Key-Verfahren“, das bei Kryptowährungen wie Bitcoin zur Anwendung kommt.
Neben diesen „offensichtlichen“ Verschlüsselungen faszinierte mich vor allem das Gebiet der Steganografie. Das Ziel hierbei ist es, eine versteckte Nachricht so zu übermitteln, dass man die Informationentransaktion als Außenstehender überhaupt nicht bemerkt. Was dann, wie das Bild unten, auf den ersten Blick vollkommen harmlos und kontextlos erscheint, verbreitet in Wirklichkeit geheime Informationen, da „nichts trügerischer als eine offenkundige Tatsache ist“ :). Die Steganografie wurde vor allem zu Kriegszeiten oft verwendet: In diesem Beispiel sind die Grashalme am Rande des Kais mit dem Morsecode verschlüsselte Koordinaten, die die Position eines U-Boots angeben.

Doch die Akademie bestand nicht nur aus Kurseinheiten und Lernen, sondern auch aus Freizeitbeschäftigungen, den „KüAs“. Bei diesen sogenannten „kursübergreifenden Aktivitäten“ handelte es sich um Abendaktivitäten, die entweder von Kursleitern oder von
den Teilnehmern selbst angeboten wurden. Die Programme reichten von Kochen und Häkeln über Debattier- und Poetry Slam Clubs bis hin zu Vorträgen über künstliche Intelligenz. Meistens fand man so viele Themen interessant, dass man an mehreren KüAs pro Abend teilnahm, um nichts zu verpassen. Da sie außerdem kursübergreifend angeboten wurden, konnte man so die Teilnehmer aus den anderen Kursen kennenlernen, sich über die verschiedenen Kursinhalte austauschen und viele neue Freundschaften schließen. Die KüAs waren ein sehr guter Ausgleich zu den anspruchsvollen Unterrichtseinheiten und gingen teilweise bis spät in die Nacht.

Insgesamt war die Deutsche Schüler Akademie für mich, auch wenn sie nur digital stattfinden konnte, eine sehr schöne und bereichernde Erfahrung. Seit dem ersten Tag fühlte ich mich durch die netten Kursleiter und Teilnehmenden wohl und anstelle eines Konkurrenzkampfs arbeiteten wir viel miteinander und unterstützten uns gegenseitig. Langeweile und Leistungsdruck gab es nie, stattdessen stand der Spaß und das kollektive Arbeiten im Vordergrund. Der Aufbau des Kurses und die Abwechslung von Gruppenphasen und Vorträgen haben mir ebenfalls sehr gefallen, da man so relativ frei und selbstständig arbeiten konnte. Abschließend stellten die KüAs einen sehr guten Ausgleich zu den anspruchsvollen Kurseinheiten dar und waren so breit gefächert, dass alle Interessen und Wünsche abgedeckt wurden.
Ich bin sehr dankbar für die lehrreiche Zeit und die vielen positiven Erfahrungen, die ich bei der Deutschen Schülerakademie machen durfte, und freue mich, neben vielem neuen Wissen über mathematische Gebiete und verschiedene Techniken auch viele neue Freunde dazugewonnen zu haben.